24.9.2024
24.9.2024
Die bis dato wichtigste Studie über Mental Health bei Musiker*Innen.
Die meisten von uns kennen die glamouröse Fassade der Musikindustrie: große Bühnen, Fans und Hits, die wir im Radio rauf und runter hören, nach Außen getragener Reichtum. Aber was passiert hinter den Kulissen? Wie geht es auch den weniger erfolgreichen Musiker*Innen? Diese Frage beleuchtet die Studienreihe “Can Music Make You Sick?” (2017), die schon vor der Pandemie aufgedeckt hat, wie prekär und psychisch belastend das Leben als Musiker wirklich sein kann. Vorweg: Lest die Studie im Original. Sie ist ebenso erhellend wie erschütternd.
Die erste Teil der Studie zeigte 2016, dass 71% der befragten Musiker unter Angstzuständen und Panikattacken litten und 69% bereits Depressionen erlebten. Der zweite Teil stellte dann die Frage: Was ist der Grund dafür?
Ich möchte euch einfach eine kurze Zusammenfassung geben, welche Gründe sich für die erschreckenden Prävalenzzahlen, die im ersten Teil der Studie gefunden wurden, im zweiten Teil herauskristallisiert haben:
Prekäre Arbeitsbedingungen: Die Musikindustrie ist geprägt von Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit. Viele Musiker arbeiten auf freiberuflicher Basis und sind auf kurzfristige Aufträge angewiesen. Finanzielle Instabilität gehört zum Alltag, da es oft keine geregelten Einkommensstrukturen gibt. Diese Unsicherheit führt zu chronischem Stress und psychischen Belastungen. Viele Musiker leben in einer konstanten finanziellen Unsicherheit. Trotz ihrer Leidenschaft und ihres Talents reicht der Verdienst oft nicht aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Diese finanzielle Prekarität verursacht bei vielen Musikern ständigen Stress und Angst, was sich negativ auf ihre mentale Gesundheit auswirkt.
Identität und Musik: Für viele Musiker ist ihre Arbeit nicht nur ein Job, sondern ein wesentlicher Teil ihrer Identität. Musik zu machen, bedeutet für sie, sich selbst auszudrücken, und ihre künstlerische Tätigkeit ist eng mit ihrem Selbstwertgefühl verknüpft. Diese enge Verbindung führt jedoch dazu, dass Kritik und Rückschläge in ihrer Karriere sie nicht nur beruflich, sondern auch persönlich stark treffen.
24/7-Arbeitskultur: Musiker sind häufig gezwungen, rund um die Uhr zu arbeiten, um ihre Karriere am Laufen zu halten. Durch die hohe Konkurrenz und den Druck, ständig präsent zu sein, nehmen viele keine Pausen, was langfristig zu Erschöpfung und Burnout führt. Ein Gefühl der Schuld begleitet sie, wenn sie sich doch einmal eine Auszeit nehmen.
Ständige Feedback-Schleife: Musiker befinden sich in einem Umfeld, in dem sie kontinuierlich bewertet und kritisiert werden – sei es durch das Publikum, Kollegen, Produzenten oder soziale Medien. Diese ständige Feedback-Schleife kann überwältigend sein und führt oft zu Selbstzweifeln und einem Gefühl von Wertlosigkeit.
Viele Musiker haben Schwierigkeiten, adäquate und bezahlbare psychische Unterstützung zu finden. Da sie oft als Selbstständige arbeiten, haben sie keinen Zugang zu betrieblichen Gesundheitsdiensten oder Versicherungen. Es fehlt an spezialisierten Angeboten, die auf die Bedürfnisse von Künstlern zugeschnitten sind.
Während andere Branchen wärend der Pandemie zumindest teilweise durch staatliche Hilfen unterstützt wurden, blieb die Unterstützung für viele Musiker spärlich. Die psychische Belastung, die bereits vor der Pandemie allgegenwärtig war, hat sich für viele noch weiter verschärft.
Ich teile diese Informationen, weil ich es für unglaublich wichtig halte, mehr Bewusstsein für die Herausforderungen zu schaffen, mit denen Musiker täglich konfrontiert sind. Die glamouröse Außenseite der Musikindustrie darf uns nicht blenden – hinter der Bühne sieht es definitiv ganz anders aus. Mehr noch: Wir müssen über Lösungen sprechen, denn die Hilfe für diese kreativen Köpfe ist oft schwer zu bekommen oder zu teuer.
Die Studie macht klar, dass wir dringend mehr Aufmerksamkeit auf das Thema mentale Gesundheit in der Musikbranche richten müssen. Wir brauchen spezialisierte Hilfsangebote, die den besonderen Anforderungen dieser kreativen Berufe gerecht werden, und es muss darüber gesprochen werden – laut und deutlich.
Musik bringt so viel Freude in unser Leben. Lasst uns dafür sorgen, dass wir Menschen, die sie erschaffen, auch die Unterstützung bekommen, die sie verdienen.